LKZ 29.10.1982 Herbstkonzert

Posted by Rolf Beuchert Category: Konzertkritiken

Wendig und galantes Musizieren
Rutesheimer Kammerorchester auf höchstem Niveau bei seinem Herbstkonzert in der gut besetzten Festhalle

Von Walter Rümelin

RUTESHEIM – Es ist gewiß nicht übertrieben, einem Laienorchester dieses Zeugnis auszustellen, und Rutesheim kann stolz sein, einen solchen Klangkörper sein eigen nennen zu können. Freilich sind nicht alle Mitwirkenden aus der Gemeinde, aber Rolf Beuchert und sein Musikantenstamm sind eben ein Anziehungs- und Kristallisationspunkt für den Umkreis. Im Herbstkonzert hörte man drei Komponisten der Wiener Klassik: Mozart, Haydn und Beethoven.

Die Serenade Nr. 6 D-Dur, KV 239 in der Besetzung für Quartett mit Kontrabaß und Streichorchester mit Pauke, gehört zu den beliebtesten Divertimenti von Wolfgang Amadeus Mozart. Sein schier unerschöpfliches Reservoir melodischer Einfälle bringt dem Hörer großen Genuß, den Spielern aber so manche Schwierigkeit. Mit unermüdlichem Probenfleiß hat Rolf Beuchert an seinen Musikern geschliffen und gefeilt, und das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen. Den zweiten Satz nimmt er sehr langsam, sodaß man die Pauke und das energisch zupackende Streichquartett voll genießen kann. Die Sechzehnteltriolen der zweiten Violine kommen gestochen scharf und der Kontrabaß gerät nie ins Dröhnen. Glanzpunkt für die erste Solovioline ist der dritte Satz, dessen Hauptthema von allen Spielern auch in der Wiederholung spannungsvoll und musikantisch angegangen wird. Nur in der Reprise bekommt dieses Thema einen kleinen Schönheitsfehler, eine Tatsache, die sich nicht nur bei diesem Werk und bei diesem Orchester einstellt, sondern auch bei Profis zu vernehmen ist.

Bei Joseph Haydns Klavierkonzerten gibt es keinen Tastendonner, wie etwa bei Liszt. Aber gerade wegen ihrer Schlichtheit sind seine Klavierwerke unersetzliche Bestandteile der abendländischen Musik. Sein beliebtestes Klavierkonzert in D-Dur erfuhr unter den Händen von Joachim Hettler eine glanzvolle und absolut werkgetreue Wiedergabe. Der Pianist musiziert auf seinem eigenen, in den hohen Lagen zuweilen etwas spitz und trocken klingenden Flügel aus Japan. Man fragt sich, warum ein so relativ kleines Instrument in der Mitte und im Baß so volltönend überzeugen kann. Intonation und Dämpfung waren geradezu ideal und der Virtuose auch. Sein Gespür für feinste Nuancen vor allem im A-Dur-Adagio mit dezenten Pianoschattierungen und zartem Anschlag und für rasanten Vollton im Wirbel des ungarisch-bosnischen, – wer weiß schon genau – aber auf alle Fälle exotischen Finale mit immerzu daherströmenden Wechseln von Dur nach Moll zeigt allenthalben den Vollblutmusiker. Dem Orchester heizt dieser dritte Satz gewaltig ein, technisch nicht einfach und im Rhythmus den schwankenden Tempi des Klaviers exakt folgend.

Mit seinen oft weitausholenden Armbewegungen aber auch minimalen Gesten war Dirigent Rolf Beuchert nach der Pause bei Ludwig van Beethovens zwölf deutschen Tänzen noch einmal richtig gefordert. Zwar laufen die Tänze meist nach dem anfangs angeschlagenen Tempo durch, aber es gibt so manche Verzögerung und Beschleunigung, die ausgedeutet sein muß, und vor allem müssen die Bläser, doppelte Holzbläser, Tambourin und Schlagwerk ihre Einsätze bekommen. Daß er dieses Metier nahezu mühelos beherrscht, gibt dem Ensemble den Stempel hoher Qualität. Zwölf Lobeshymnen über zwölf schöne Tänze – zuviel, aber man darf wohl die Fagotte mit ihrem Pianissimo im zweiten Tanz, den schönen Bläsersatz im Mittelteil des fünften, die das Piccolo im sechsten ersetzende Querflöte erwähnen. Der sauber im Unisono gelungene Einstieg der Violinen zum neunten und die nachher sehr energisch geworfenen Bögen sollte man nicht vergessen, ebenso wie den Auftritt des Tambourins im gemütlichen Ländler des zehnten. Ein zarter Streichersatz als Kontrast vor dem großen Finale, das mit seiner Coda weit über das Tänzerische hinausgeht und beinahe symphonischen Charakter annimmt.

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