Eine Romantische Sinfonie mit üppigen Klangfarben
Wiederaufführung der neuentdeckten 1.Symphonie von Thomas Taeglichsbeck am Samstag in der Rutesheimer Festhalle
Von Alexander Walther
RUTESHEIM – Es wird ein besonderes Datum in der Geschichte des Rutesheimer Kammerorchesters bleiben: Die Wiederaufführung der 1836 in Paris uraufgeführten 1. Symphonie in Es-Dur des Hechinger Hofkapellmeisters Thomas Taeglichsbeck könnte eine Renaissance des fast vergessenen Komponisten „einläuten“.
Angesichts der vollkommen neu erstellten Partitur durch den Dirigenten Rolf Beuchert und der vielfältigen organisatorischen Vorabrbeiten des Taeglichsbeck-„Entdeckers“ Walter Selig wurde den Zuhörern am Samstag abend in der Festhalle bewußt, welch immense Arbeitsleistung hinter dieser Rekonstruktion steckt. Denn die Symphonie von Taeglichsbeck besitzt nicht nur üppigen Klangfarbenreichtum, sondern auch melodischen Erfindungsgeist und hymnische Ausbrüche.
So lassen etwa die Blechbläser-Passagen eine gewisse Verwandtschaft zu Ludwig van Beethoven und Franz Liszt erkennen. Deutliche Nähe zu Beethovens dritter Symphonie „Eroica“ hat übrigens der zweite Satz „Marche funebre“ (Adagio quasi Andante), der in der Harmonik auch Einflüsse Franz Schuberts besitzt. Selbst an Frédéric Chopin muß man dabei denken. Das Rutesheimer Kammerorchester folgte den Intentionen des Dirigenten Rolf Beuchert mit spieltechnischer Musizierlust und großer Disziplin. Dies betraf besonders die vielen Triller- und Pizzikato-Passagen der Streicher, aber auch die Unisono-Einsätze des Orchesters. Die Blechbläser zeigten sich glänzend disponiert.
Die gedämpften Bläser deuteten sogar auf spätere Musikepochen hin. Ausgezeichnete Arbeit leistete neben den anderen Orchestermusikern auch die Paukistin Cornelia Monske, die dem ganzen Werk eine gewisse monumentale Pracht verlieh. Zudem ermöglichte Rolf Beucherts sensibles Gespür, daß man jedes Instrument genau heraushören konnte – die Durchhörbarkeit der einzelnen Orchestergruppen ermöglichte so Einblicke in die präzis strukturierte Kompositionsweise Thomas Taeglichsbecks. Es war in jedem Fall eine hervorragende Leistung des Rutesheimer Kammerorchesters und seines Dirigenten, die vier Sätze als völlig einheitlichen nahtlos ineinander übergehenden harmonischen Fluß erscheinen zu lassen.
Zuvor hatte das Rutesheimer Kammerorchester zusammen mit den beiden Solistinnen Dorothea Müller (Solovioline) und Gabriele Trück (Soloviola) die vielschichtigen Reize von Johann Baptist Vanhals Symphonie in g-Moll dank Rolf Beucherts einfühlsamen Dirigat zu voller Wirkung gebracht. Kantable Arabesken und tänzerische Grazie beherrschten diese fast schwebend leicht aufwartende Wiedergabe.
Der 1973 geborene Cellist und mehrfache Preisträger Matthias Trück stand danach im Mittelpunkt von Joseph Haydns Konzert für Violoncello und Orchester in C-Dur, Hob. VII: 1. Gleich im ersten Allegro-Satz überzeugte Trück durch die elegante Virtuosität seines Bogenstrichs. Innig schlichten Ausdruck beherrschte das Adagio, während das Allegro-molto-Finale von geradezu überschäumender Ausgelassenheit erfüllt war.
Intensive Kantilenen wechselten sich bei allen drei Sätzen mit höchst virtuosen Figurationen ab, die Matthias Trück mit spieltechnischer Reife und präziser Intonation zu Gehör brachte. Dem Rutesheimer Kammerorchester gelangen auch hier immer wieder bemerkenswert gut getroffene Momente der Crescendo-Steigerung, was schon bei Vanhal aufgefallen war. Der Geist Luigi Boccherinis schwebte über der Wiedergabe. Langanhaltender herzlicher Schlußapplaus des Publikums beendete dieses denkwürdige Konzert.