LKZ 22.11.1988 Herbstkonzert

Posted by Rolf Beuchert Category: Konzertkritiken

Zwei virtuose Solistinnen

Konzert des Rutesheimer Kammerensembles unter Rolf Beuchert

RUTESHEIM (khk) – Die zahlreichen Zuhörer in der Rutesheimer Festhalle wollten die Orchestermitglieder gar nicht mehr von der Bühne lassen, so begeistert waren sie von dem anspruchsvollen und abwechslungsreichen Konzertabend, der ihnen geboten worden war. Wieder einmal war es Dirigent Rolf Beuchert gelungen, für sein Ensemble ein Programm zusammenzustellen, das die Liebhaber musikalischer Leckerbissen ebenso ansprach, wie es den Geschmack des breiten Publikums traf.

Luigi Boccherinis Quintett „Aufziehen einer militärischen Nachtwache in Madrid“, mit dem der Abend begann, fiel in zweierlei Hinsicht aus der Rolle. Zum einen deshalb, weil sich das Werk vom sonstigen Schaffen des Italieners, das stark an die Wiener Klassiker erinnert, deutlich abhebt. Zum anderen, weil das Quintett stark von seinen vielen und ausgeprägten Pizzicati lebt. Streichinstrumente sind nun aber mal in erster Linie fürs Streichen und nicht fürs Zupfen gebaut. Der Komponist hat das in seinem Vorwort wohl ähnlich gesehen: „Alles, was nicht den Regeln der Komposition entspricht, möge der Wahrheit der Sache halber, die dargestellt werden soll, verziehen werden.“
Nur noch in einer Hinsicht untypisch war das Konzert für Oboe und Orchester in C-Dur von Mozart, ist es doch eines der ganz wenigen Werke, die Mozart für die Oboe als Soloinstrument geschrieben hat. Im übrigen aber ist die Handschrift des jungen Mozart in diesem Stück unverkennbar. Irene Müller bestritt den Solistenpart glänzend. Ohne sichtbare Anstrengung bewältigte die angehende Musikstudentin auch schwierigste Passagen mit frappierender Leichtigkeit, wobei sie auch die von Komponist und Dirigent geforderten Hochgeschwindigkeitsteile bestens meisterte.
Auch das Konzert für Flöte und Orchester G-Dur op. 29 von Carl Stamitz war geprägt vom virtuosen Auftritt einer jungen Instrumentalsolistin. Mit Cornelia Feile wächst eine Flötistin heran, von der wohl noch viel zu hören sein wird. Auch schwierigste Läufe brachte sie selbst in den tiefen Lagen so traumhaft sicher und lupenrein, wie das nur bei perfektem Ansatz und nach langjähriger Übung möglich ist. Auch sie wurde vom Publikum mit rauschendem Beifall entlassen.
Einen scharfen Kontrast bildete die anschließende Pastorale d’Ete des Antiromantikers Arthur Honegger. Die Komposition wirkt durch die Überlagerung der von verschiedenen Instrumenten getragenen Themen in verschiedenen Tonarten (B-Dur, A-Dur, E-Dur) atonal, obwohl die Themen an sich einfach und überschaubar gesetzt sind. Vom Orchestermitglied erfordert das hohe Konzentration auf den eigenen Part, was dem Rutesheimer Kammerensemble auch gut gelang.
Ganz anders wieder der romantische Schlußpunkt des Konzertabends, die Ecosaissen (ursprünglich schottischer Rundtanz, später französischer Gesellschaftstanz) von Franz Schubert. Das Stück enthielt viel von der für Schubert so typischen liedhaften Leichtigkeit. Auch das Orchester – so hatte man den Eindruck – spielte das Stück im erleichternden Bewußtsein, ein schwieriges, abwechslungsreiches Konzertprogramm erfolgreich absolviert und beim Publikum angekommen zu sein.

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