Ein reizvolles und bewegendes Konzert
Rutesheim Das Rutesheimer Kammerorchester begeistert das Publikum mit seinem gekonnten Auftritt.
Von Alexander Walther
Die Orientierung am künstlerischen Wesen Schumanns, aber auch Einflüsse von Wagner und Liszt sind in der Schauspielmusik zu „Peer Gynt“ von Edvard Grieg deutlich herauszuhören. Treffsichere leidenschaftliche Bilder von farbiger Anschaulichkeit beeindruckten die Zuhörer bei der ausgezeichneten Wiedergabe durch das Rutesheimer Kammerorchester unter der Leitung von Rolf Beuchert.
Die pathetische Atmosphäre von „Im Hochzeitshof“ prägte sich tief ein, wobei die reizvollen dynamischen Kontraste hervorstachen. „Der Brautraub“ („Ingrids Klage“) aus der zweiten Suite brachte dann nach erregten ersten Takten eine ergreifende Melodie in der tiefen Lage der Geigen hervor. Flöte und Oboe konnten sich abwechselnd beim pastoralen Thema der „Morgenstimmung“ profilieren, das die Stimmung im Gebirge beschreibt.
Zu einer großen dynamischen Steigerung kam es, als die Streicher das Thema übernahmen: Die Sonne ging machtvoll auf. Nach dem Hornthema und dem leisen Triller der Flöte verklang der Satz sphärenhaft. Bei „Solveigs Lied“ überzeugte das geheimnisvolle Schwanken zwischen Dur und Moll – Peer Gynt fand innere Ruhe und Frieden bei seiner Jugendliebe.
Tatsuya Ohira interpretierte dann zusammen mit dem Orchester unter der einfühlsamen Leitung von Rolf Beuchert das nahezu unbekannte und wertvolle Konzert für Klavier und Orchester in B-Dur von Emilie Mayer, einer Schülerin von Carl Loewe. Bei ihrem Klavierkonzert sind die Einflüsse Mozarts deutlich herauszuhören. Vor allem die abwechslungsreichen konzertanten Momente arbeitete der Solist Tatsuya Ohira hervorragend heraus. Und auch das markante Hauptthema des ersten Satzes konnte sich so prachtvoll entfalten. Immer stürmischer interpretierte Ohira die chromatischen Läufe – so wurde das facettenreiche kontrapunktische Gerüst plastisch sichtbar. Das Frage- und Antwort-Spiel zwischen Klavier und Orchester enthüllte den ganzen Glanz der Klangfarbenpalette, die sich wie ein durchsichtiger Fächer öffnete. So strahlte auch der rhythmische Zauber hervor. – Als Zugabe spielte Tatsuya Ohira noch ein Stück von Frederic Chopin.
Zum Abschluss bot das versierte Kammerorchester die Sinfonie Nr. 38 D-Dur KV 504 „Prager Symphonie“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Die hintergründig-leidenschaftliche Sphäre des „Don Giovanni“ war dabei deutlich herauszuhören. Das ermattete Niedersinken im Schmerzsymbol des chromatischen Quartfalls arbeitete Rolf Beuchert mit dem Orchester akribisch heraus. So kam es ebenso bei der Adagio-Einleitung zu einem leidenschaftlichen und ernsten Tonfall. Und das von innerer Unruhe bedrängte Kopfthema entfaltete sich in exzellenter Weise.
Die hastende Stimme der ersten Geigen erinnerte schemenhaft an die „Zauberflöten“-Ouvertüre, während die zweiten Geigen ein merkwürdiges Schwanken und suchendes Drängen verdeutlichten. Die Bläserfigur drängte sich kompakt dazwischen. Ein fahles Moll beherrschte den Seitengedanken. Die kontrapunktischen Spitzfindigkeiten der Durchführung entfachten großen Klangzauber, dessen Intensität zunahm. Still und in sich gekehrt hob der Gesang des Andante an. Die Stimme drängender Erregung erreichte bei dieser überzeugenden Wiedergabe des Kammerorchesters deutliches Profil. Von innerer Unruhe vorwärtsgehetzt erschien zuletzt das wilde Finale, wo sich das erste Thema auf diese Weise behauptete. Heiterkeit erfüllte das zweite Thema, das aber deutlich zurückgedrängt wurde. Die trügerische Heiterkeit wurde durch die sich bedrohlich verdüsternde Durchführung unterstrichen.
Als Zugabe war noch ein pizzicatogesättigter Ausschnitt aus dem Streichquartett op. 3 Nr. 5 von Joseph Haydn zu hören. Dafür gab es begeisterten Schlussapplaus.
(Text gekürzt)