Gegensätze, die harmonisch vereint werden
Rutesheim Zu seinem 30. hat das Kammerorchester die Gäste reich beschenkt
Von Gabriele Müller
Die Festhalle ist beim Festkonzert fast bis auf den letzten Platz besetzt gewesen. Bestimmt, weil beim diesjährigen Herbstkonzert des Kammerorchesters wieder schöne, klassische Musikliteratur auf dem Programm stand. Und natürlich wollten sich die Musikfreunde nicht entgehen lassen, wie Rolf Beuchert vom Rutesheimer Bürgermeister Dieter Hofmann für sein langjähriges ehrenamtliches Engagement als künstlerischer Leiter des Kammerorchesters die Ehrennadel des Landes überreicht bekommt.
Kein ganz einfaches Unterfangen, weil der Flügel für Wolfgang Amadeus Mozarts Klavierkonzert Nr. 19 schon auf der Bühne stand und Platzmangel herrschte. Die Herzlichkeit im Saal war dadurch aber nur noch deutlicher zu spüren, und mit großer Heiterkeit wurde zur Kenntnis genommen, dass auf der Urkunde noch die Unterschrift des ehemaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger steht. Die Urkunde war nämlich schon im vergangenen Jahr ausgestellt worden, und man hatte auf den feierlichen Rahmen gewartet, in dem die Auszeichnung übergeben werden konnte – am Samstag war der Tag gekommen.
Die Ouvertüre zu Domenico Cimarosas Oper „Il matrimonio segreto“ war der richtige Auftakt für die Preisverleihung: Komponiert in schönster klassischer Manier, vom Orchester gespielt mit Fröhlichkeit und voller Energie, stimmte sie auf den freudigen Anlass des Festkonzertes ein. Schönste Wiener Klassik erklang danach mit dem Klavierkonzert Nr. 19 von Wolfgang Amadeus Mozart, bei dem Kyoko Sawada als Solopianistin zu hören war. Die trockene Akustik in der Festhalle machte es den Musizierenden nicht einfach, die durchscheinenden Klänge zu erzeugen, die insbesondere bei den langsamen Sätzen von Mozarts Klavierkonzerten ihren unnachahmlichen Zauber entfalten.
Bestens gelang es indessen dem Orchester wie der Solistin, die an der Musikschule Renningen unterrichtet, Mozarts filigranes Harmoniegeflecht mit jener ebenmäßigen Regelmäßigkeit zu intonieren, ohne welche die Schönheit dieser Musik sich nicht entfalten kann. Niemals kam ein Gefühl von Hast auf. Solistin und Orchester fügten sich geschmeidig zu einer harmonischen Einheit. Im langsamen Satz bezauberte die Zwiesprache von Flöte und Fagott mit dem zarten Wiegen der Streicher. Im Schluss-Allegro paarten sich Virtuosität und Leichtigkeit bei regelmäßig perlenden Klavier-Läufen.
Fast noch beeindruckender gelang dem Kammerorchester, das beim Festkonzert durch etliche Bläser verstärkt wurde und bei dem auch Beucherts Tochter Michaela (Violine) und sein Sohn Christopher (Kontrabass) mitspielten, die Sinfonie Nr. 3 von Franz Schubert. Fein und sensibel modellierten sie jede der zahlreichen und oft sehr gegensätzlichen Facetten, die der Komponist zusammengefügt hat. Präzise stellte sie das zaghafte Fragen der Flöte (Vivien Heuberger) und Klarinette (Pia Wedhorn) nach dem majestätischen Auftakt der Pauken zu Beginn dar, organisch gelang hernach der Wechsel zum munteren Vorantreiben der Klarinette.
Im Allegretto gab sich die Klarinette launig zu tänzerischen Streichern – wie ein neugieriges Kind, das sich behutsam dem Türspalt nähert, hinter dem es spannende Entdeckungen vermutet. Das Menuett glich eher einem rustikalen Ländler als einem zierlichen Höflingstanz, im Trio konnten sich Zuhörer gar an Wiener Walzerseligkeit erinnert fühlen. Voller Energie und ungemein lebendig fügte sich der Schlusssatz an – dem langanhaltender Applaus folgte.